Abschwächer

Wer sich mit Elektronik und HF-Basteleien beschäftigt (was eigentlich bei jedem Funkamateuer der Fall sein sollte), benötigt unweigerlich entsprechende Messgeräte. Mit einem einfachen (digitalen) Multimeter lässt sich schon eine ganze Menge anfangen. Ausserdem sind diese Geräte halbwegs preisgünstig zu erstehen und bieten (bei Kenntnis der "Eigentümlichkeiten" dieser Geräte) eine recht gute Genauigkeit. Wenn es jedoch darum geht, Hochfrequenz-Pegel zu messen, ist ein Multimeter einfach überfordert. In diesem Bereich werden dann spezielle (Vorsatz-) Geräte notwendig. Natürlich existiert auch für solche Geräte ein Markt, jedoch liegen brauchbare Messinstrumente dann in einer Preisklasse, bei der das Hobby-Budget schon arg strapaziert wird. Daher ist oftmals der Selbstbau eine wesentlich günstigere Alternative. Der "Haken" dabei ist jedoch die Kalibrierung der Eigenbauten, denn was nützt ein Messgerät, welches zwar preisgünstig ist, aber nur Schätzwerte ("Mondstand") anzeigt ? Und genau an dieser Stelle erweist sich ein Abschwächer ("definierter Leistungsminderer") als nützlich. Zwar ist damit keine absolute Kalibrierung (exakter Messwert) möglich, aber zumindest eine relative Kalibrierung (Vergleich zweier Messwerte). Dafür ist die Funktionsweise eines Abschwächers rechnerisch einfach nachzuvollziehen und lässt sich mit einem Multimeter prüfen. Bei entsprechender Auswahl der verwendeten Bauteile und einem "HF-tauglichen" Aufbau ist davon auszugehen, daß die bei Gleichspannung ermittelten Messwerte im Kurzwellenbereich (und wahrscheinlich auch noch im VHF/UHF-Bereich) ihre Gültigkeit behalten.

Als ersten Schritt waren die gewünschten Daten des Abschwächers festzulegen: Der Ein- und Ausgangs-Widerstand sollte (wie in der Messtechnik weit verbreitet) 50Ohm betragen, die Dämpfung sollte "möglichst hoch" ausfallen. Damit Übersprech-Effekte durch kapazitive und induktive Kopplungen (besonders bei höheren Frequenzen) deutlich kleiner bleiben als die gewählte Dämpfung, wählte ich 20dB, was laut meinen Recherchen so etwa das Maximale darstellt, was mit einer einstufigen PI-Schaltung noch realisierbar ist. Die dafür notwendigen Widerstandswerte liessen sich sehr einfach mit Hilfe meines kleinen Javascript-Tools berechnen und mit dem Taschenrechner bestätigen (dabei nicht den "Lastwiderstand" am Ausgang vergessen). Ich benötigte also Widerstände von 61,11 und 247,5 Ohm. Nach einigem Hin- und Herrechnen mit handelsüblichen Widerstandswerten stellte sich heraus, daß sich aus einer Parallelschaltung von zwei mal 220 Ohm und zwei mal 270 Ohm 60,61 Ohm ergeben (ca. 0,8% zu klein). Für den Längstwiderstand berechnete ich eine Parallelschaltung von zwei mal 270 Ohm in Reihe mit einer Parallelschaltung von zwei mal 220 Ohm, die einen Gesamtwiderstand von 245 Ohm ergibt (ca. 1,1% zu klein). Eine Rückrechnung der PI-Schaltung mit diesen Werten ergab eine Ein/Ausgangsimpedanz von 49,58 Ohm (0,9% zu niedrig) und eine Dämpfung von 19,95dB, was etwa eine 0,5%-ige Abweichung des Teilerfaktors darstellt. Diese Abweichungen lagen für mich in einem akzeptablen Bereich (< 1%).

Da die gesamte Konstruktion möglichst koaxial ausfallen sollte, entschloß ich mich zur Verwendung von Kupferrohr mit einem Duchmesser von 11mm (Installationsbedarf) als "Gehäuse", zumal dieses Material auch recht gut zu den verwendeten BNC-Einbaubuchsen passt. Für die Widerstände wählte ich die SMD-Bauform "0805" (2,0 x 1,25 x 0,45mm), welche mit 1%-iger Toleranz erhältlich ist und sich durch brauchbare HF-Eigenschaften und eine "gerade noch erträgliche" Handhabbarkeit auszeichnet. Dadurch ergibt sich eine maximale Belastbarkeit des Abschwächers von ca. 500mW (27dBm), was für meine Messzwecke völlig ausreicht. Der nächste Schritt bestand nun darin, aus Kupferdraht ("Seele" von Installationsleitungen, nicht lackiert) Kontaktringe zu formen, die möglichst exakt in das Kupferrohr passten. Zur Montage der Widerstände im Kontaktring fräste ich eine ringförmige Vertiefung in ein Stück weiches Holz, worin ich den Ring mit Hilfe von zwei halben "Tacker-Klammern" fixieren konnte. Diese Konstruktion verhinderte, dass der Ring während des Lötens durch die Adhäsion des Lötzinns an der Lötspitze hängen blieb. Eine Bohrung entsprechender Tiefe in der Mitte der Halterung diente zur Aufnahme einer Hälfte des Längstwiderstands (zwei parallele SMD-Widerstände).

Diese beiden "Lenkräder für Modellautos" stellen jeweils eine "halbe PI-Schaltung" dar. Die "Speichen" bilden einen einigermassen koaxial angeordneten Parallelwiderstand und die "Achse" besteht aus zwei aufeinander gelöteten Widerständen, die eine Hälfte des Längstwiderstand bilden. Im Nachhinein habe ich mir überlegt, daß es möglicherweise besser wäre, die einzelnen Parallelwiderstände nicht senkrecht zur Achse anzuordnen, sondern eher in einem Winkel von etwa 45 Grad. Diese Form würde zu einer Kegelform führen und eine mögliche induktive Kopplung zwischen dem Eingangs- und Ausgangswiderstand reduzieren, da dann die Ströme (und damit die Magnetfelder) einen Winkel von 90 Grad zueinander bilden. Diese Variante werde ich beim nächsten Abschwächer mal ausprobieren (s.u.).

Jetzt ging es darum, die "halben Abschwächer" mit den BNC-Buchsen zu verbinden, was sich bei den ersten Versuchen als extrem wacklige Angelegenheit herausstellte. Abhilfe brachte erst ein Stückchen Kupferrohr, welches ich mit einer entsprechenden Aussparung zur Einführung der Lötspitze versah. Nun mussten nur noch die beiden Buchsen in ein Rohr entsprechender Länge eingebaut und die beiden (halben) Längstwiderstände miteinander verbunden werden. Ähh, Moment mal, wenn beide Buchsen in dem Rohr stecken, wie soll ich denn dann noch die Teile in der Mitte zusammenlöten?

Eine Lösung wäre es gewesen, den Durchmesser einer der beiden Buchsen so weit zu verringern, dass das ganze Gebilde außerhalb der Rohres komplett montiert und dann von einer Seite in das Rohr geschoben werden kann. Einerseits hätte ich dabei die "Verschlußpins" der Buchse auch etwas kürzen müssen, andererseits hätte das Durchschieben der Buchse durch das Rohr doch eine erhebliche mechanische Belastung für die (erfahrungsgemäß sehr zerbrechlichen) SMD-Widerstände dargestellt. Also entschloß ich mich lieber zur "Montageloch-Variante", und bohrte ein seitliches Loch in das (genau ausgemessene) Kupferrohr. Um die BNC-Buchsen mit den Ende des Rohres zu verlöten, feilte ich die Kragen der Buchsen leicht an und verzinnte sie. Diese Aktion musste etappenweise (mit den entsprechenden Abkühlpausen) erfolgen, damit das Kunststoff-Innenleben der Buchsen sich nicht zu stark erwärmte. Auch die Stirnseiten des Rohres habe ich verzinnt, damit sich die Buchsen relativ schnell verlöten liessen. Nach der Montage der Buchsen konnte ich feststellen, daß nicht nur die Lötstelle zwischen den beiden Längstwiderständen durch das Montageloch erreichbar war, sondern auch noch die beiden Drahtringe! Damit konnte ich (zumindest im Bereich des Montageloches) durch vorsichtiges Verzinnen/Anlöten auch noch einen guten Kontakt zwischen den Ringen und dem Rohr sorgen. Das Montageloch habe ich dann durch etappenweises Aufbringen von Lötzinn immer weiter verkleinert, schliesslich komplett verschlossen und mit der Oberfläche der Kupferrohres bündig gedreht.

Zum Abschluß habe ich ein paar Messungen (soweit möglich) angestellt:
Messung
Theoretisch
Gemessen
Abweichung
Verwendeter Abschlusswiderstand
50 Ohm
49,4 Ohm
1,2%
Eingangswiderstand bei offenem Ausgang
51 Ohm
50,5 Ohm
1%
Eingangswiderstand bei abgeschlossenen (49,4Ohm) Ausgang
50 Ohm
50,5 Ohm
1%
Widerstand zwischen Eingang und Ausgang
81,8 Ohm
81,0 Ohm
1%
Dämpfungsfaktor (bei Gleichspannung, Ausgang abgeschlossen)
10
10
0%
Dämpfungsfaktor (bei HF, Ausgang abgeschlossen)
10
siehe folgendes Diagramm
"genau genug bis 70cm"
Ergebnis: Der Abschwächer ist zumindest genauer als der von mir verwendete Abschlusswiderstand und die Abweichungen sind <= 1%, für mich also völlig ausreichend.

Update/Verbesserung (19.03.2006):
Nachdem mir beim Aufbau dieser Abschwächer etliche Male einzelne Widerstände durch mechanische Belastung gebrochen sind (gemeinerweise meist unsichtbar, da sich nur die Kontakt-Metallisierung vom Widerstandskörper gelöst hatte), habe ich mir noch einmal gehörig Gedanken über den Aufbau der Parallelwiderstände gemacht. Herausgekommen ist dabei eine Konstruktion, die aus einem Stückchen (einseitigem) Platinenmaterial von ca. 9mm Durchmesser mit einer zentrischen 2mm-Bohrung besteht. Die Kupferauflage habe ich ringförmig unterbrochen, sodaß sich in der Mitte eine Kontaktfläche für den Pin der BNC-Buchse ergibt und der äussere Rand eine Kontakt/Montagefläche für den Drahtring darstellt. Dadurch ergeben sich folgende Vorteile:
Das Platinenmaterial verringert die mechanische Belastung der sehr empfindlichen SMD-Kontakte erheblich.
Die Parallelwiderstände lassen sich wesentlich einfacher und stabiler mit dem Pin der BNC-Buchse verbinden.
Der Drahtring wird durch die äussere "Leiterbahn" geschlossen, wodurch ein ggf. stellenweiser schlechter Kontakt zwischen dem Drahtring und dem Kupferrohr überbrückt wird.
Die einzelnen Widerstände lassen sich nun auch in einem Winkel von ca. 45 Grad montieren (s.o.).
Die gesamte Baulänge verringert sich, da nun der Pin der BNC-Buchse durch die Ebene der Widerstände führt.

Update/Verbesserung (03.04.2006):
Als "etwas lästig" erwies sich bei dieser Konstruktion, daß ich beim Einsatz des Abschwächers fast immer zusätzlich einen BNC-Adapter ("Doppelmännchen") benötigte. Also entwickelte ich eine Variante, bei der ich eine der BNC-Buchsen durch einen BNC-Stecker ersetzte. Um guten Kontakt und Lötbarkeit zu erreichen, verwendete ich die Schraubversion des BNC-Steckers für RG58, die ich (incl.Schraube) auf einer Länge von ca. 2mm des Stecker-Korpus auf den Innendurchmesser des Kupferrohrs (10mm) abdrehte. Da sich der Stecker dabei nur auf dem Bajonett-Verschluss einspannen lässt und der Stecker-Korpus federnd gelagert ist, empfiehlt sich die Verwendung einer mitlaufenden Spitze, die während der Bearbeitung in die Bohrung der Schraube gedrückt wird. Nach Reduzierung des Durchmessers montierte ich den modifizierten Stecker wie gewohnt an einem Stückchen RG58. Das aus dem Stecker ragende Koaxialkabel kürzte ich auf ca. 7mm, entfernte den Kabelmantel bis zum Eintritt in den Stecker, und fächerte das Abschirmgeflecht so auf, daß es auf der Schraube auflag. Nun entfernte ich ca. 4mm des Dielektrikums, steckte den Innenleiter durch die kleine Scheibe mit den Parallelwiderständen und verlötete ihm mit der Scheibe und den Längstwiderständen. Ab diesem Punkt erfolgte der weitere Zusammenbau entsprechend der Vorgängerversion.

Hinweise für Nachbauwillige: Für den Bau dieser Abschwächer ist außer feinem Werkzeug (Pinzetten), guter Beleuchtung und ggf. einer Sehhilfe eine ruhige Hand und recht viel Geduld im Umgang mit den SMD-Widerständen erforderlich. Es werden mit hoher Wahrscheinlichkeit einige der Widerstände verloren gehen oder bei der Montage zerstört werden, bevor der erste Abschwächer funktioniert (Ich habe etwa fünf Anläufe benötigt, hatte jedoch auch nicht diese Anleitung). Es handelt sich hierbei nicht um einen Bausatz, sondern eher um eine Anregung für eigene Konstruktionen. Alles, was ich dazu anbieten kann, befindet sich auf dieser Seite, d.h. Nachfragen nach Bausätzen oder fertigen Abschwächern sind zwecklos -> Ich "produziere" ausschliesslich für den Eigenbedarf.

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HTML und Design: DK1RM erstellt: 14.3.2006 - letzte Änderung: 26.06.2012