ESR-Messgerät

Als sich eines meiner (älteren) Messgeräte "verabschiedet" hatte, stellte sich als Ursache (mal wieder) ein defektes Schaltnetzteil heraus. "Wie immer" war weder der Schaltplan, noch ein Ersatz zu beschaffen. Aber es war ja nicht mein erstes Netzteil, und aus Erfahrung ist es bekannt, daß meistens die Ursache ein Elko ist, der im Laufe der Zeit so sehr gealtert ist, daß das Netzteil nicht mehr funktioniert. Eine optische Überprüfung der (mehr als 30) Elkos in dem Netzteil ergab keinerlei Auffälligkeiten. Keiner der Kondensatoren zeigte Anzeichen für "Überdruck" oder ausgelaufenes Elektrolyt. Also blieb mir nichts anderes übrig, alle Elkos auf Kapazität und ESR zu prüfen.

Was ist überhaupt "ESR"?

Die Abkürzung "ESR" steht für "Equivalent Series Resistance", was die Umladeverluste innerhalb eines Kondensators beschreibt, und als ein Serienwiderstand in Erscheinung tritt. Ein idealer Kondensator hätte ein ESR von 0Ω, nur in der Realität existiert z.B. ein geringer Widerstand der Zuleitungsdrähte. Bei Elkos spielt auch der Zustand der Metallfolien und des Elektrolyts eine große Rolle: Ein Elko mit "etwas löcherigen/zersetzten" Metallfolien kann durchaus noch einen Großteil seiner Kapazität (aktive Fläche) haben, jedoch führt der Stromweg zu den noch intakten Flächen nun über recht dünne und verzweigte Wege. Dadurch ergibt sich ein erhöhter Widerstand, und der Kondensator kann nicht mehr den ursprünglichen Maximalstrom aufnehmen. Wird ein solcher Kondensator mit hohen Impulsströmen (z.B. in einem Schaltnetzteil) "gequält", erwärmt sich das Innenleben (incl. Elektrolyt), dehnt sich aus, und bringt den Elko (mit einer ziemlichen Sauerei) zum Platzen. Gut konzipierte (meist ältere) Netzteile versagen oftmals schon vor diesem "GAU" den Dienst.

Wie misst man den ESR?

ESR-measuring circuit ala VE2AZX
Da nur der ohmsche Anteil der Impedanz gemessen werden soll, wird eine (geringe) Wechselspannung verwendet (meist 100kHz), bei der der eigentliche Kondensator schon wesentlich niederohmiger ist, als der zu messende Serienwiderstand. Ausgangspunkt für das hier beschriebene Messgerät ist eine genial einfache Schaltung von Jacques (VE2AZX). Mit einer solchen Konstruktion (Ringkerne "FT50-77", 100 Windungen CuL 0.18mm -> 11mH) hatte ich schon mehrfach Elkos "mal kurz geprüft", da nun aber mehr als 30 Messungen anstanden, wurde mir diese Variante (mit Generator und Oszilloskop) einfach zu umständlich. Also musste ein "Stand-Alone-Gerät" konstruiert werden...

Die erweiterte Schaltung:

Der erste Versuch, auf dem primären Ferritkern eine zusätzliche Wicklung aufzubringen, um damit einen Meissner-Oszillator aufzubauen, erwies sich als recht instabil, und die Amplitude der erzeugten Schwingung wurde vom zu messenden Widerstand stark beeinflusst. Also bewickelte ich einen "FT23-77" mit einmal 10 (Arbeitswicklung), und einmal 20 Windungen (Rückkopplungswicklung), und baute damit einen wesentlich stabileren FET-Meissner-Oszillator auf. Die Entkopplung vom primären Messtransformator erfolgt mit Hilfe einer einfachen Treiberstufe. Die im sekundären Messtransformator induzierte Spannung wird mit einer einfachen Emitterschaltung verstärkt (einen OpAmp wollte ich bei dieser einfachen Schaltung nicht einsetzen), einer Gleichrichtung zugeführt, und dann auf das Messinstrument (100µA) geleitet.
Schematic

Das Layout:

Layout
Hierbei habe ich die beiden Messtransformatoren in einem Winkel von 90 Grad zueinander angeordnet, um eine direkte Beeinflussung möglichst gering zu halten. Bei der im Layout rot angezeigten Leiterbahn handelt es sich nicht um eine Leiterbahn, sondern um die Zuleitung zum zu messenden Objekt. Daher ist es auch nicht notwendig, die Leiterplatte doppelseitig auszuführen. Die beiden Pins "DUT1" und "DUT2" werden demzufolge auch nicht bestückt, sondern deren Bohrungen nur zum Durchfädeln der Messleitung verwendet (jedes Milliohm der Leitung beeinflusst das Messergebnis).

Der Aufbau:

Bei der Übertragung des des Entwicklungsaufbaus ("Bauteilknäuel") auf die Leiterplatte und den ersten Tests der Schaltung wollte der Oszillator nicht anschwingen -> Typischer Fehler in einer Meissner-Schaltung: Anschlüsse des Transformators vertauscht... Dann fiel mir auf, daß der angezeigte Messwert bei Kurzschluß der Messleitung (Vollausschlag des Instruments) doch sehr von der Geometrie (Verlauf der Messleitung durch die beiden Ringkerne) abhängig war. Daher habe ich sowohl die beiden Ringkernspulen, als auch die hindurchgeführte Messleitung grosszügig mit Wachs eingekleistert und somit fixiert. Auch der Oszillatortrafo hat bei dieser Aktion einen Kleks Wachs abbekommen. Wachs habe ich verwendet, weil es im erwärmten Zustand wesentlich dünnflüssiger ist, als z.B. Heiss- oder Epoxydharzkleber, und somit auch in die schmalen Spalte zwischen den Windungen besser eindringt. Als Meßspitzen habe ich mir zwei ca. 3cm lange Stücke aus Rundmaterial (Kupfer) zurechtgedreht, die an einem Ende eine Spitze, am anderen Ende eine Bohrung erhielten. Den Bohrdurchmesser habe ich so gewählt, daß die verdrillten Adern der Messleitung "saugend" hineinpassten. Nachdem die Messleitung mit den Meßspitzen verlötet war, kalibrierte ich das Gerät auf Vollausschlag des Instrumentes beim Kurzschluß der beiden Meßspitzen.
Inner

Das fertige Gerät:

Device
Ich war erstaunt, daß es möglich war, eine Differenz des Zeigerausschlags zu erkennen, je nachdem, ob ich die Messspitzen an den Spitzen, oder den Enden kurzschloss (Differenz < 1mΩ). Danach isolierte ich die Meßspitzen mit etwas Schrumpfschlauch und nahm ein paar Messungen an vorhandenen 1Ω-Widerständen vor:
R [Ω]
Anzeige
0.0
100
0.25
56
0.5
32
1.0
12
2.0
3
Die gemessenen Werte (mit einem Spline geglättet) in einem Diagramm:
Diagram
Es zeigt sich, daß die angezeigten Werte stark nichtlinear sind, was ich aber überhaupt nicht Nachteil ansehe. Ich möchte mit diesem Gerät nicht unbedingt exakt messen, sondern eher einmal abschätzen, ob ein Elko "noch brauchbar" ist, oder ggf. mal die Schleife einer MagLoop optimieren.

Infos zum ESR von Elkos:

Hier ein paar grobe Anhaltswerte (aus einer entsprechenden Diskussion im QRP-Forum abgeschrieben), welcher ESR bei welchen Elkos zu erwarten ist:
10V
25V
63V
47µF
4.2Ω
2.9Ω
2.0Ω
100µF
2.0Ω
1.1Ω
0.93Ω
470µF
0.42Ω
0.29Ω
0.20Ω
1000µF
0.20Ω
0.14Ω
0.09Ω
4700µF
0.04Ω
0.03Ω
0.02Ω

Das "Material":


Hinweise für Nachbauwillige:

Wer dieses Gerät nachbauen möchte, sollte über die Möglichkeiten der Herstellung einseitiger Leiterplatten und etwas Kentnisse der angewendeten Technik verfügen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Bausatz, sondern eher um eine Anregung für eigene Konstruktionen. Alles, was ich dazu anbieten kann, befindet sich auf dieser Seite, d.h. Nachfragen nach fertigen Geräten, Bausätzen oder fertigen Leiterplatten zwecklos → Ich "produziere" ausschliesslich für den Eigenbedarf.


Für die Funktionalität und Nachbausicherheit dieses Gerätes kann ich keinerlei Verantwortung übernehmen. Eine kommerzielle Verwertung des Schaltplans oder des Layouts ist nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung zulässig.


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HTML und Design: DK1RM erstellt: 13.09.2011 - letzte Änderung: 26.06.2012