QRP-PC

Jedesmal, wenn ich abends meinen treuen, guten, alten "Arbeits-PC" (P2, 400MHz, 384MB RAM, insgesamt 18GB Platz auf mehreren Festplatten, vor einigen Jahren aus Schrott zusammengebaut) abschaltete, fiel mir auf, wieviel Lärm das Gerät doch erzeugt. Und ganz nebenbei ist das Teil noch ein ziemlicher Stromfresser! Obwohl die Leistung/Ausstattung der Kiste für meinen Bedarf durchaus ausreicht, müsste da mal etwas Neues her... Aber wieder so ein riesiger Klotz unter dem Tisch, an dessen Anschlüsse ich nur schlecht herankomme? Hmmm, vor Kurzem ist mir doch ein Raspberry Pi (Modell B mit 512MB) "zugelaufen", der hat sogar einen höheren Takt, mehr RAM, und verbraucht nur ein paar Watt... Ok, eine SD-Karte als Massenspeicher für einen "Arbeits-PC" zu verwenden ist wohl nicht so gut, aber es gibt ja recht preisgünstig USB-Festplatten für Notebooks. Da ich VGA-Monitor, PS2-Keyboard und -Trackball weiter verwenden möchte, brauchte ich noch einen HDMI/VGA-Umsetzer (vom günstigen Chinesen), und einen PS2-Adapter. Damit waren dann aber beide USB-Ports des RasPi belegt, und somit kein weiterer Port "zur Aussenwelt" mehr verfügbar. Also kam noch ein aktiver USB-Hub mit auf die Bestellliste...
Bisheriger PC

Der erste Versuchsaufbau

Mitgeliefertes Steckernetzteil
Nachdem alle Einzelteile geliefert wurden, stöpselte ich die erste Versuchsanordnung daraus zusammen. Da der USB-Hub mit einem Steckernetzteil (5V/2A) geliefert wurde, und damit die Stromversorgung des RasPi (über den "Master"-Port des HUBs) funktionierte, habe ich mir über diesen Punkt erst einmal keine weiteren Gedanken mehr gemacht. Der erste Start und die ersten groben Einstellungen des heruntergeladenen, und auf eine SD-Karte verbrachten Raspbian 8 verlief (mit einem geliehenen USB-Keyboard) relativ problemlos, aber bis sowohl PS2-Keyboard als auch -Trackball (via USB-Adapter) funktionierten, war schon etwas "Handkonfiguration" (teilweise unter Verwendung des beim Erststart eingerichteten SSH-Zugangs) notwendig... Nach der Installation eines "abspeckbaren" Windowmanagers (und dessen Konfiguration "auf geringen Resourcenverbrauch") erreichte das System dann einen Zustand, der einen eigenständigen Betrieb und die Übernahme der "Arbeitsdateien" von dem bisherigen System ermöglichte. Nur das sporadische "Einfrieren/Stehenbleiben" des Systems machte mir so langsam Sorgen... Aber ich hatte ja die Startscripte so angepasst, daß das System nun von der Notebook-Platte lief, und die SD-Karte nach dem Startvorgang "unmounted" wurde, sodaß eine Beschädigung der (für einen Neustart notwendigen) Daten der Karte recht unwahrscheinlich war → Wenn der Kernel von der SD-Karte erst einmal lief, ließen sich etwaige Fehler im Dateisystem auf der Notebookplatte recht einfach wieder beheben. Nur dieses Knäuel von Einzelteilen verbrauchte doch einigen Platz auf dem Basteltisch. Also musste ein passendes Gehäuse her...

Einbau in ein Gehäuse

In meinem Fundus fand ich ein Gehäuse (210x220x120mm), welches ich vor Jahren auf irgendeinem Flohmarkt günstig erstanden hatte. Durch die verwendeten Aluminiumprofile ergaben sich in dem Gehäuse zwei (durch eine Aluminiumplatte abtrennbare → HF-Abschirmung) Bereiche. In den unteren (ca. 50mm hohen) Bereich sollte der PC-Kram eigentlich hineinpassen, und der obere Bereich wäre dann für "spezielle Erweiterungen" frei... Nur irgendwie mussten die notwendigen Steckverbinder des RasPi und der Adapter ja in die Front- und Rückwand eingelassen werden. Und da ich sowohl den Mini-PC als auch die Adapter in ihrem ursprünglichen Zustand belassen wollte, mussten ich erst einmal ein paar passende "Verlängerungskabel" hergestellen. Das Material dafür fand sich großteils in meiner Kiste mit den Aufschrift "PC-Kabel" und auf einigen Schrottplatinen aus dem PC-Bereich. Mit ein wenig zusätzlichem "Neumaterial" (abgeschirmtes Kabel, Schrumpfschlauch, und einer Hohlstecker-Buchse) entstanden dann Front- und Rückwand des Gehäuses mit diversen Kabelschwänzen. Da mir bei der ersten "Anprobe" der Einzelteile im vorgesehenen Bereich doch so langsam Bedenken in Richtung "Abwärme" kamen, habe ich noch einen kleinen 12V-Lüfter mit vorgesehen, der (mit 5V betrieben) so gut wie keinen Lärm, aber einen leichten Luftzug erzeugt. Den für eine Luftströmung notwendigen "Lufteinlass" habe ich mittels einiger Bohrungen unter dem RasPi (dessen Gehäuse dort auch Lüftungsschlitze hat) realisiert.
Anordnung der Teile
Rückwand

Die Stromversorgung

Schaltnetzteil
Crowbar
Nun war zwar alles in einem "handlichen" Gehäuse untergebracht, aber gelegentlich blieb das System noch immer stehen. Auch der Anschluß eines zusätzlichen Elkos an den 5V-Pins des RasPi brachte keine Verbesserung. Abhilfe brachte die Stromversorgung aus einem Labornetzteil, wobei ich auch gleich die Stromaufnahme messen konnte: 1.5A, was eine Leistungsaufnahme von 7.5W ergibt. Diese Steckernetzteile sind vermutlich nur zum Laden von Geräten mit USB-Anschluß brauchbar, und reichen Netzstörungen direkt auf die 5V durch. Aber ein laufendes Rechnersystem reagiert oft etwas "sauer" auf Schwankungen der Betriebsspannung. Also musste ein anderes Netzteil her. In einem alten 10MBit-Netzwerk-Hub aus dem Schrott fand sich ein Schaltnetzteil mit 5V/2A und 12V/500mA. Da diese Netzteilschaltungen gelegentlich auch mal "Amok laufen", habe ich gleich noch eine Sekundärsicherung und einen Überspannungsschutz vorgesehen. Ein Filter gegen evtl. auftretende HF-Störungen und eine "Schusseldiode" durften natürlich auch nicht fehlen... Nachdem ich noch eine LED als 5V-Indikator, einen Netzschalter und eine Kaltgerätebuchse eingebaut hatte, konnte man das Gerät schon mal als "PC" bezeichnen... Und bei einer Leistungsaufnahme von etwa 9W (7.5W bei 5V-Speisung) ist (für mich) auch die Bezeichnung "QRP" durchaus angebracht.

Erweiterung der Stromversorgung

Das System lief in der beschriebenen Konfiguration recht gut, die minimale "Kühlung" mit dem 12V-Lüfter an 5V genügte, um die Temperatur der CPU (laut entsprechender Software) auch unter "heftiger Aktivität" (Kompilierung von Softwarepaketen, die im normalen Repository nicht vorhanden sind, z.B. "ngspice") immer unter max. 52°C zu halten, und der verursachte Lärm war (für mich) nicht mehr hörbar. Jedoch kam mir die Leistungsreserve des verwendeten Netzteils doch recht knapp bemessen vor → Selbst wenn sich extern angeschlossene USB-Geräte an die Spezifikation (max. 500mA) halten (worauf man sich nicht verlassen sollte), könnte das bei zwei extenen USB-Ports schnell knapp werden... Außerdem plane ich ja noch Erweiterungen (z.B. eine Echtzeituhr und "echte" RS232-Schnittstellen). Also beschaffte ich mir ein Netzteilmodul "5V/5A", baute die "Sicherung/Filter/Crowbar-Konstruktion" noch ein weiteres Mal auf, und trennte die Stromversorgung des oberen Gehäusebereichs und des eigentlichen PCs im unteren Gehäusebereich voneinander, wobei der "obere Bereich" auch für die Versorgung der beiden externen USB-Ports zuständig ist. Die Idee, noch einen 12V-Akku (auf dem Bild der "Anprobe" zu sehen) mit einzubauen, musste ich nun mangels 12V-Ausgang des neuen Netzteils erst einmal zurückstellen. Außerdem war ich davon ausgegangen, daß das "modernere" Schaltnetzteil einen besseren Wirkungsgrad hat, als das "Ausschlachtteil", aber nein, nun frisst die Konstruktion ca. 15W...
Blockschaltplan

Erstes Resümee

Frontansicht
Das aktuelle Gerät ist leise, wenig stromhungrig, und (für mich) ein "PC" mit ausreichender Rechenleistung. Ok, manchmal (z.B. beim Start von "GIMP") muss ich schon etwas Geduld aufbringen... Aber es läuft fast alles, was ich im Bastelalltag benötige: KiCad, Ngspice, und Gaw zur Schaltungsentwicklung, Geany zur Programmierung, Inkscape zur Dokumentation, ... Was leider (noch) nicht läuft, sind Blender und Openhantek. Denen fehlt anscheinend das OpenGL, welches (derzeitig?) unter Raspbian anscheinend nur in der "ES"-Version verfügbar ist.

Technologie-Update

Da ein Nachfolgetyp des RasPi (Version "3B") zu einem erträglichen Preis auf den Markt kam, kam ich auf die Idee, meinem QRP-PC damit etwas mehr Rechenleistung zukommen zu lassen, um mit dem System "etwas flüssiger" arbeiten zu können. Die Unterschiede zur bisher verwendenten Version sind doch schon recht deutlich:
- CPU mit 4 Kernen und 1.2GHz Takt anstatt einem Kern mit 750MHz.
- 1GB RAM statt 512MB.
- Vier statt zwei USB-Ports.
- Zusätzliche HF-Hardware (Bluetooth und WLAN).
Durch die nun vier USB-Ports konnte ich auf den USB-Hub verzichten, musste aber eine separate Stromversorgungsleitung zum RasPi legen, da die "Rückwärtsspeisung" über den USB-Port nicht mehr funktioniert. Außerdem musste ich das neue Gehäuse erst einmal mit einigen Luftlöchern an der Oberkante versehen: Wer kommt denn auf die Idee, ein Gehäuse nur auf der Unterseite mit Luftlöchern zu versehen? Das kann doch nicht funktionieren! Der Umbau des unteren Bereiches in meinem Gehäuse war recht einfach zu bewerkstelligen, nur leider lief danach mein System nicht mehr mit der Notebook-Festplatte...
Version mit V3B unten

Modifikation der Stromversorgung

Blockschaltplan 2
Als Ursache stellte sich der Anlaufstrom der Festplatte heraus, denn die Konstrukteure der neuen RasPi-Version haben sich bemüht, sich so einigermassen an die USB-Spezifikationen (u.A. max.500mA Stromversorgung) zu halten. Diese neue Begrenzung lässt sich zwar durch die Zeile "max_usb_current=1" in "/boot/config.txt" beeinflussen, was mir jedoch wenig nutzte: Beim Systemstart (von der SD-Karte) wurde festgestellt, daß meine Festplatte mehr als 500mA benötigt, was dazu führte, daß sich die USB-Versorgung abgeschaltete. Erst nach dem Lesen der Konfigurationsdatei wurde dann festgestellt, daß diese Begrenzung als inaktiv konfiguriert war, und die Versorgung wieder eingeschaltet. Daß diese kurzzeitige Spannungsabschaltung beim Systemstart dem Dateisystem "nicht so gut bekam", zeigte sich an Prüfungen und Reparaturen des Dateisystems bei jedem Start. Aber glücklicherweise ist die Notebook-Platte ja mit einem USB-Y-Kabel ausgestattet, sodaß sich das Problem recht einfach mit einer USB-Buchse an der Stromversorgungsleitung lösen liess.

Aktuelles Resümee

Das System arbeitet nun deutlich "flüssiger" und die Leistungsaufnahme liegt noch immer bei ca.15W. Im Leerlauf bleibt die Temperatur der CPU (laut "/sys/devices/virtual/thermal/thermal_zone0/temp" unter 50°C, steigt aber bei aufwändigen Berechnungen (z.B. Schaltungssimulation) schon mal auf gut 70°C. Möglicherweise ist die (momentan sehr primitive) Be/Entlüftung noch etwas verbesserungswürdig. Wie im Bild zu sehen, habe ich das zu Anfang genutzte 2A-Netzteil (welches auch einen 12V-Ausgang besitzt) noch im Gehäuse belassen, um eine Versorgung für noch einzubauende Erweiterungen zu haben. Ausserdem kann ich die beiden neuen HF-Feature (Bluetooth und WLAN) in dem aktuellen Aufbau nicht nutzen, da sich die entsprechenden "Antennen" auf dem RasPi-Board (und damit im unteren Teil des Gehäuses befinden, welches eine recht gute Abschirmung darstellt. Mal sehen, wann ich dort mal entsprechende Koaxleitungen (PigTail) anlöte...
Version mit V3B oben

Hinweise für Nachbauwillige:

Wer diese Konstruktion nachbauen möchte, sollte ein wenig im Bereich der Feinmechanik und der Elektronik bewandert sein, und über Kenntnisse der Konfiguration/Modifikation des verwendeten (Linux-)Betriebssystems verfügen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Bausatz, sondern eher um eine Anregung für eigene Konstruktionen. Alles, was ich dazu anbieten kann, befindet sich auf dieser Seite, d.h. Nachfragen nach fertigen Geräten oder Bausätzen sind zwecklos → Ich "produziere" ausschliesslich für den Eigenbedarf.


Für die Funktionalität und Nachbausicherheit dieser Konstruktion kann ich keinerlei Verantwortung übernehmen. Eine kommerzielle Verwertung von Schaltplänen oder Layouts ist nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung zulässig.


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HTML und Design: DK1RM erstellt: 17.04.2016 - letzte Änderung: 08.08.2016