Kurze Vertikalantenne

Angeregt durch einige Gespräche mit Dirk (DL2ABC) und die Beschreibung seiner Experimente mit einer extrem kurzen Antenne musste ich einfach "mal schnell" ausprobieren, was an dieser Konstruktion denn "dran ist". Eine funktionierende Antenne dieser Größe würde mir die Möglichkeit geben, auch auf den "unteren" Bändern von meinem Balkon aus QRV zu werden.

Die erste Konstruktion dieser Art "schusterte" ich mir aus dem zusammen, was meine "Geraffel-Ecke" und meine Küche so "hergab": Ein 70er-Abflußrohr, einen Rest "Klingeldraht", etwas Alufolie, und ein paar Meter RG58. Die notwendige Mantelwellensperre (aus zwei Ferritringen vom Typ "FT140-77" und etwas RG58) hatte ich glücklicherweise noch von einigen Experimenten mit Langdrähten übrig. Im Gegensatz zu Dirks Konstruktion wählte ich eine Strahlerlänge von ca. 350mm (ergab sich aus der verfügbaren Alufolie). Die Folie wickelte ich drei mal um das Abflußrohr und verlötete die Überlappung (was erstaunlicherweise recht problemlos möglich war). Die Klingeldraht-Doppelleitung zwirbelte ich mit Hilfe eines Akkuschraubers auseinander, und bewickelte das Rohr mit etwa 70 Windungen. Die Abstimmung realisierte ich mit Hilfe einer Laborleitung und einer Stecknadel, mit der ich einige Windungen der Induktivität kurzschliessen konnte (auch bei Dirk abgeschaut).

Zur Abstimmung schloss ich diese Konstruktion an meinen Transceiver an und stach mit der "Kurzschluss-Stecknadel" an verschiedenen Stellen in die Wicklung, um die richtige "Anzapfung" (mit dem lautesten Signal) zu finden. Danach erfolgte die "Feinabstimmung" mit Hilfe des SWR-Messgerätes und ergab etwa 35 "effektive" Windungen. Diese Antenne liess sich also auf 40m abstimmen (und hörte sich sehr effektiv an), jedoch mein Ziel war das 80m-Band. Da ich mit der vorhandenen Spule keine Abstimmung erreichen konnte, wickelte ich noch weitere 30 Windungen (aus anderen Resten) dazu. Damit konnte ich zwar eine Abstimmung auf dem "oberen Ende" des 80m-Bandes erreichen, jedoch je mehr Windungen der Induktivität ich "aktivierte", desto schmaler wurde der "brauchbare" SWR-Bereich. Daher war es mir nicht möglich, eine Abstimmung im "unteren" Bereich (trotz weiterer vorhandener Windungen) zu erreichen. Glücklicherweise fand an diesem Bastelwochenende die "Baden-Württemberg-Aktivität" statt, sodaß nicht nur "Krokodile" im 80m-SSB-Bereich QRV waren, sondern auch Stationen mit etwas empfindlicheren Empfängern. Also versuchte ich (obwohl ich Conteste eher meide) mein Glück und "befeuerte" meine Alufolie mit ca. 10W PEP (ich versuche ja, mich an die EMV-Vorschriften zu halten und gehe mal davon aus, daß der Gewinn dieser Antenne unter 0dBi liegt). Ich wurde tatsächlich von DJ2HD gehört und bekam (nach Nachfragen) einen Rapport "59". Damit war zumindest schonmal bewiesen, daß diese "quick and dirty"-Konstruktion meine 10W HF in eine Welle verwandelt, die in mehr als 250km Entfernung "empfangbar" ist. Ich hatte zuerst vermutet, daß es sich dabei um eine Bodenwelle handelte, jedoch Peter (DF3KV) klärte mich darüber auf, daß es sich wohl eher um eine Raumwelle bei 40 oder 75 Grad Erhebungswinkel gehandelt haben muss (was auch recht gut zu meinen Messungen - weiter unten - passen würde). Danke, Peter.

Da nun (für mich) bewiesen war, daß ein solches Gebilde durchaus als (Behelfs-)Antenne brauchbar ist, konnte ich mich damit beschäftigen, diese Konstruktion mal in einer qualitativ besseren (und ein wenig größeren) Version herzustellen. Also besuchte ich einen Baumarkt und kam mit einem 100er-Abflussrohr (incl. "Deckel"), einem 100er-Ofenrohr (Typ "Firefix®", 500mm lang) und 25m Installationsdraht (1,5mm²) heim. Zusammen mit den etwa neun Metern RG53, die ich noch im Regal liegen hatte (und etwas Keinkram) sollte daraus nun meine neue 80m-Antenne werden.

Zuerst befestigte ich das Ofenrohr mit Hilfe von vier Schrauben M3 am oberen (nicht aufgeweiteten) Ende des Abflußrohres, wobei ich eine der Schrauben gleichzeitig dazu verwendete, den Kontakt vom Spulendraht zum "Strahler" herzustellen. Da die 100mm des Ofenrohres anscheinend nicht den 100mm des Abflussrohres entsprachen, musste ich jeweils einige Unterlegscheiben dazwischenlegen. Dann wickelte ich die 25m (isolierten) Installationsdraht um das Kunstoffrohr und erhielt dabei ziemlich genau 70 Windungen. Damit sich die Wicklung beim Bewickeln (und beim Lösen eines Endes) nicht sofort aufweitet und vom Wickelkörper fällt, klebte ich drei Streifen Klebeband längst des Rohres (auf den Umfang verteilt), und hob beim Bewickeln alle paar Windungen einen der Streifen vor dem Ausführen der Windung an, sodaß die Klebebänder alle paar Windungen über eine der Windungen führen, ansonsten aber unter der Wicklung liegen. Da mir die neun Meter Koax-Leitung doch ein wenig zu lang erschienen, um sie auf dem Boden zu verteilen (Stolperfalle), kam mir die (möglicherweise verrückte?) Idee, einen Teil davon mit auf das Abflußrohr zu wickeln. Da ich davon ausgehe, daß der Innenleiter eines aufgewickelten Koaxialkabels kaum eine Induktivität bilden kann, da die Windungen aufgrund der Abschirmung nur minimal miteinander koppeln können, wickelte ich das Kabel im entgegengesetzten Wicklungssinn. Aus dieser Art der Wicklung erhoffte ich, daß das Magnetfeld der Anpass-Spule ein wenig Energie in den Aussenmantel des Koaxialkabels induziert, und somit die Mantelwellensperre etwas unterstützt (und den phasenrichtigen Rückstrom auf dem Kabelmantel erhöht). Falls jemand zu dieser (zugegebenermassen etwas "schrägen") Theorie andere Ideen/Erkenntnisse hat -> bitte melden.
Die Abstimmung/Anpassung dieser Antenne erfolgte mit dem gleichen Verfahren, welches ich schon bei dem Testaufbau angewendet hatte (zuerst nach dem lautesten Signal/Rauschen suchen, dann mit dem SWR-Meter abgleichen). Als "effektive" Windungszahlen ergaben sich dabei 33 und 37 für das obere und untere Ende des 80m-Bandes, wobei sich jeweils etwa ein Bereich von 50kHz (SWR < 1.2) ergibt. Zur schnelleren Anpassung steckte ich vier Stecknadeln in der Wicklung, an die ich je nach Bedarf die Kurzschlussleitung anschliesse. Bisher kann ich noch keine bestätigten QSOs mit dieser Antenne nachweisen, da ich derzeitig fast nur abends die Gelegenheit hatte, an der Station zu sitzen. Und leider erzeugt eine knapp 10m entfernte Strassenbeleuchtung abends einen Störnebel von etwa S7 über das gesamte 80m-Band, sodaß Versuche in dieser Richtung ziemlich zwecklos sind (die "Power-User" hören kein Signal unter S9+10dB, und die QRPler kann ich nicht hören). Aber es stehen ja auch wieder Wochenenden und Feiertage an ... Bezüglich der Abstrahlung und des (reaktiven!) Nahfeldes kann ich die Erkenntnisse von Dirk (DL2ABC) nur bestätigen: Das H-Feld in ca. 1m Abstand konnte ich mit etwa 100mA/m bei 10W Ansteuerung bestimmen, wobei das Maximum etwa in Höhe der Spule zu messen war. Das E-Feld konnte ich mangels Kalibrierung meiner Eigenbau-Feldsonde (nach DL7AV) noch nicht messen, jedoch konnte ich in 1m Entfernung Werte ablesen, die ich an meinem (recht kurzen, mit Tuner angepassten) Dipol erst in einem Abstand von < 20cm auftraten (bei ebenfalls 10W, jedoch im 20m-Band). Das Maximum des Feldes konnte ich etwa in Höhe des unteren Ende des Strahlers, sowie in einem Winkel von ca. 45Grad nach oben nachweisen. Ich denke mal, bei diesen Werten werde ich (solange ich nichts Genaueres messen kann) meine Ausgangsleistung auf maximal 10W begrenzen, damit meine Abstrahlung bestimmt unterhalb von 10W ERP (und somit innerhalb der zulässigen Grenzwerte) bleibt.

Update 1.5.2006:

Nachdem ich einen freundlichen Hinweis (nebst sehr nützlicher Tips) erhielt, daß ich mich mit meiner Konstruktionsweise "etwas auf dem Holzweg" befand, wickelte ich die Koax-Wicklung wieder ab, verlötete den Kontakt zwischen oberem Spulenende und "Strahler", verlängerte die Koax-Leitung auf 13.5m (Lambda/4) und legte diese Leitung in "grosszügigen Schlaufen" auf meinem Balkon aus. Bisherige Erkenntnisse: Die "aktive" Anzahl Windungen der Spule musste ich zum Erreichen der Resonanz (und des korrekten SWRs) um etwa sechs erhöhen. Die nutzbare Bandbreite (pro "Abgriff") blieb gleich, jedoch die am Transceiver angezeigte Empfangsfeldstärke schien sich deutlich erhöht zu haben. Weitere Tests habe ich aus Zeitmangel noch nicht durchgeführt.

Update 10.9.2006:

Um die vertikale Richtcharakteristik meiner "Ofenrohr"-Antenne zu bestimmen, klemmte ich mir die Antenne nebst meines FT-817, der Feldsonden und einiger weiterer Messmittel unter den Arm, und begab mich auf die Suche nach einem Ort ausreichender Grösse, um einmal ein paar Feldstärke-Messungen ausserhalb meines Balkons vornehmen zu können. Eine geeignete, etwas abgelegene Wiese (mit ausreichend geringem "Publikumsverkehr") war recht bald gefunden. Die Boden erwies sich als leicht feucht (vom morgendlichen Tau) und stellte somit eine recht gute Erde für dieses Experiment dar. Zum ersten Mal konnte ich die "Anpassleitung" der Antenne komplett geradlinig auslegen.

Damit der im FT-817 eingebauten Akku bei den Messungen nicht zu stark belastet wurde (sodaß am Ende der Messungen das Gerät noch etwa die gleiche Leistung wie am Anfang lieferte), wählte ich die Leistungsstufe von etwa 2.5Watt. Die erste Feststellung war, daß sich die Resonanz der Antenne bei diesem Aufbau von ca. 3.60Mhz auf 3.71MHz verschoben hatte. Zuerst kalibrierte ich meinen Pegelmesser mit Hilfe des Kalibrierungs-Generators und mass die vom FT-817 abgegebene Leistung. Dann legte ich einen Zollstock zur Entfernungsmessung an den Fuss der Antenne, knotete eine Schnur mit 50cm-Markierungen (zur Höhenbestimmung) an die Messsonde, fixierte die PTT-Taste mit einem Gummiband und begann mit den Messungen. Damit ich nicht an jedem der 15 vorgesehenen Messpunkte immer mühsam die Richtung des maximalen Feldes durch Drehen der Messsonden bestimmen musste, führte ich an jedem Punkt drei Messungen (in den drei Raumrichtungen) aus, und notierte die vom Pegelmesser angezeigten Werte. Nach den E-Feld-Messungen wechselte ich die Messsonde und wiederholte die Messungen für das H-Feld. Nach ca. einer Stunde hatte ich nun 90 Messwerte auf meinem Zettel und beendete das Experiment mit einer erneuten Messung des Kalibrieungs-Signals und der Ausgangsleistung der Transceivers (um ggf. aufgetretene Abweichungen von den ersten Messungen feststellen zu können).

Wieder daheim (und ohne mit diesem dubiosen Gerätschaften hantierend verhaftet zu werden) klemmte ich das FT-817 (unter Beibehaltung der Einstellungen) an meine provisorische TEM-Zelle und notierte die Messwerte der Feldsonden unter "definierten Bedingungen". Dann übertrug ich alle Messwerte in eine Datei auf dem PC und begann, die abgelesenen dBm-Werte in Feldstärken umzurechnen (und die geometrische Summen der Raumrichtungen zu bilden).
V/mAbstand [m]
Höhe [m]0.51.02.0
0.5932412
1.02066127
1.52069234
2.01508036
2.5745230
 
mA/mAbstand [m]
Höhe [m]0.51.02.0
0.5382410
1.025811
1.52459
2.01099
2.511910
Da diese Listen etwas schwierig zu interpretiern waren, habe ich mich (mal wieder) etwas mit Gnuplot beschäftigt und die Daten in die nebenstehenden Diagramme verwandelt. Aus den Diagrammen ist deutlich zu erkennen, daß diese Antennenform (wie zu erwarten) haupsächlich ein flach abgestrahltes E-Feld genereriert. Die in Strahlernähe (bei ca. 2.5Watt Ansteuerung) auftretenden Feldstärken erlären recht gut den Effekt, den Dirk (DL2ABC) mit Hilfe einer Leuchtstofflampe dokumentiert hat. Eine (gute) Erklärung dafür, warum das H-Feld in grösserer Entfernung wieder anzusteigen scheint, habe ich noch nicht (Messfehler ?), denn laut der Theorie soll sich das "vollständige Feld" (bestehend aus E- und H-Feld) erst in einer Entfernung von einigen Wellenlängen bilden.

Update 21.10.2007:

Mittlerweile habe ich die Experimente mit der Konstruktion für 80m eingestellt, da ich feststellen musste, daß die "möglichst frei" (und ohne Schlaufen, ggf. in Mäandern) auszulegende Anpaßleitung doch nicht so ganz "balkongeeignet" ist. Daher werde ich für dieses Band mal ein paar Experimente mit "magnetic Loops" anstellen. Für 40m habe ich z.Zt. einen KGD (kurz geratenen Dipol) nach QRP-Project aufgebaut, wobei Vergleiche mit der "Ofenrohr-Konstruktion" für dieses Band noch ausstehen.

Der Zugriffszähler dieser Seite zeigt mir, daß sich diese etwas ungewöhnliche Antennenform anscheinend "herumspricht" und zu Experimenten anregt. U.a. hat OE1CKW eine solche Konstruktion (für 40m) erfolgreich aufgebaut.

Update 15.01.2009 / 05.03.2009:

Auch Edi (HB9MTN/5B4AGV) experimentiert mit dieser Form einer kapazitiven Antenne. Ich muss (nach intensiven Lesens der entsprechenden Patentschriften) seiner Erkenntnis zustimmen, daß diese Konstruktion im Endeffekt ein endgespeister Dipol ist. Das ist vermutlich auch der Grund, warum die 80m-Variante dieser Antenne auf meinem Balkon nicht so richtig funktionieren wollte: Der Aussenmantel der "Anpassleitung" stellt die eine Hälfte des Dipols dar. Wird diese Leitung "frei in die Luft" gehängt, ergibt sich ein Dipol, liegt die Leitung auf dem Erdboden (gute kapazitive Kopplung zur Erde), ergibt sich so etwas wie eine Groundplane. Bei mir koppelte diese Leitung wahrscheinlich mit der Stahlbewehrung des Gebäudes, was bei 40m auch noch funktionierte (ca. 10m, also Λ/4, bis zum Erdboden), jedoch bei 80m nicht mehr...

 

Hinweise für Nachbauwillige: Ich übernehme keinerlei Verantwortung für die Funktionstüchtigkeit (und "Ungefährlichkeit") eines Nachbaus dieser Antennen-Konstruktion. Außerdem sollte jedem, der sich schon mal mit Antennenbau beschäftigt hat, klar sein, daß extrem kleine Konstruktionen bestimmt nicht an die Leistungsfähigkeit eines Dipols heranreichen. Alles, was ich zu diesem Thema anbieten kann, befindet sich auf dieser Seite, d.h. Nachfragen nach fertigen Antennen sind zwecklos -> Ich "produziere" ausschliesslich für den Eigenbedarf. Über Erfahrungsberichte würde ich mich freuen.

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HTML und Design: DK1RM erstellt: 25.4.2006 · letzte Änderung: 26.06.2012